Englisch - LK bei Frau Ruhe

Gruppenfoto


Tja, ich weiß gar nicht so recht, wo ich anfangen soll. Am Besten ist es, ich beginne meinen kleinen Bericht auf die gleiche Art und Weise, wie Frau Ruhe Ihren Unterricht zweieinhalb Jahre lang begonnen hat. "Guten Morgen" - "Wie geht es euch?" - "Ich weiß, es ist unsere unbeliebte erste (bzw. Freitags dann die letzte) Stunde, aber da müssen wir durch." Danach stellte sie mit einem prüfenden Blick "riesige Lücken" (selbst wenn nur zwei Schüler fehlten) zwischen den anwesenden Schülern fest und während sie diese dann im Kursheft vermerkte, quittierte sie deren fehlen mit Phrasen wie: "Ich verstehe das nicht - alles was wir ab jetzt machen ist Abirelevant - das ist glatter Selbstmord jetzt auch nur eine Stunde zu versäumen..." An dieser Stelle schweigen wir uns über die Fehlstunden des Lehrkörpers aus, welcher zweifelsohne öfter dem Unterricht fernblieb, als irgendjemand sonst in diesem Kurs. Aber gerade diese Tatsache brachte Spannung in die alldienst- bzw. alldonnerstagliche Warterei vor dem Raum 502. Jeder hatte eigene Theorien und Praktiken ein eventuelles Fehlen der Frau Ruhe vorauszusagen. Unbeliebt hingegen waren jene, die sie an diesem Tag schon gesehen hatten und diese Kunde direkt unter den anwesenden Schülern verbreiteten, um somit das letzte Fünkchen Hoffnung auf eine Kaffeetrinkorgie bei McDonalds zu zerstören.
Gehen wir nun von der Gesamtheit dieser Tage aus, so können wir eins mit Sicherheit sagen, nämlich dass die Unterrichtsqualität stark von der Tagesform beider Parteien abhing, wobei man bemerken muss, dass Frau Ruhe selbst an den Tagen, an denen es ihr offensichtlich besonders schlecht ging, immer noch versuchte uns zu animieren und mit einer charmanten norddeutschen Unwissenheit betreffs rheinischer Gebräuche aufwartete. ("Kinder, ihr wisst doch, Spaß muss sein, sonst kommt keiner zur Beerdigung... das sagen die hier wirklich. Als ich das das erste Mal gehört habe, fand ich es auch schlimm, aber es stimmt ja...") Mit solchen oder ähnlichen Sprüchen versuchte sie uns immer wieder bei Laune zu halten und dies gelang ihr streckenweise, wenn auch nicht immer absichtlich. Nie vergessen werde ich auch Diskussionen die Frau Ruhe mit einem "glaubste nicht???" begann, um sie im nächsten Satz mit einem "is aber so!!!" zu beenden.
Der Unterricht an sich wurde von ihr selbst oder einigen Pionieren, die sich aus der homogenen Masse der Schüler hervorhoben, bestimmt. So hatten einzelne Schüler ihre speziellen Aufgaben, wie z.B. als "Universallexikon", "Gedichtvorleser" oder, sofern das sprachliche Talent nicht gegeben war, als "Tafelputzer" oder "Kreideholer".
Wenn mich jemand fragen sollte, ob ich denn all die Jahre auch etwas gelernt habe, so kann ich diese Frage mit stolzgeschwellter Brust bejahen. So habe ich zum Beispiel gelernt, dass jede zweite englische Vokabel "pures Französisch" ist und des weiteren bin ich nun endlich fähig ein "knackiges Gerundium" zu bilden. Denn Frau Ruhe versuchte immer wieder uns das Gefühl für eine Sprache zu vermitteln und forderte uns immer wieder auf, die Sprache abstrakter zu verwenden. Leider gelang uns das nicht immer gemäß ihrer Vorstellungen. Außerdem konnte sich jeder, der den Willen dazu hatte, ein umfassendes Vokabular aneignen, denn da es Frau Ruhe immer wichtig war, dass wir im Wortschatz variabel sind, schrieb sie jede unbekannte Vokabel an die Tafel und erklärte deren Anwendungsmöglichkeiten. Was jedoch mir persönlich zeitweise zu schaffen machte war ihre Aussprache, die anscheinend leicht von ihrem nordischen Akzent geprägt war. Am deutlichsten wird dieses bei der Aussprache des Wortes "association". Im Wörterbuch steht, dass es [ässosiäischn] ausgesprochen wird. Frau Ruhe hatte drei Variationen auf Lager, wobei sie nur in den seltensten Fällen die richtige Vierte Möglichkeit erwischte. Zum einen [äschosiäischn], dann [ässoschiäschn] und wenn es hart auf hart kam [äschoschiäschn].
Doch alles in allem erinnere ich mich gerne an den Englischunterricht zurück und so möchte ich auch, um eventuellen Missverständnissen vorzubeugen noch erwähnen, dass ich diesen Bericht mit einem Schmunzeln im Gesicht verfasst habe. Grüße an uns' Babs... und ja, wir hatten Spaß, und wer was anderes sagt, schießt damit voll ins Kraut!

Zurück zur Übersicht